Nackter Männerrücken
 –  Aktuell

STELLUNGNAHME gegen die Petition «Gegen antiwissenschaftlichen Unterricht zur Sexualität an öffentlichen Schulen»

SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ und ALECSS, der Verband der Fachpersonen in Sexueller Gesundheit der lateinischen Schweiz, veröffentlichen eine Stellungnahme, um kurz und verständlich zu erklären, was Sexualkundeunterricht ist und wie er in den Schulen in der französischen Schweiz erteilt wird.

Kontext:

Am 13. Februar 2024 veröffentlichte ein Elternkollektiv eine Petition «Gegen antiwissenschaftlichen Unterricht zur Sexualität an öffentlichen Schulen» auf seiner Website. Ausserdem veröffentlichte es ein Video auf seinen verschiedenen Social Media Accounts, insbesondere auf Facebook, Instagram und TikTok.

SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ und ALECSS, der Verband der Fachpersonen in Sexueller Gesundheit der lateinischen Schweiz, veröffentlichen diese Stellungnahme, um kurz und verständlich zu erklären, was Sexualkundeunterricht ist und wie er in den Schulen in der französischen Schweiz erteilt wird.

Sexualaufklärung an den Schulen in der Schweiz:

  • Anerkennt die primäre Rolle der Eltern bei der Sexualaufklärung ihrer Kinder. [1]
  • Ist ein Recht des Kindes.[2]
  • Stützt sich auf die WHO-Definition von Gesundheit und wendet die Empfehlungen der WHO/Europa zur Sexualaufklärung in Übereinstimmung mit dem Bund an.[3]
  • Bietet einen inklusiven und wohlwollenden Ansatz, der die Werte, Überzeugungen und die Vielfalt jeder Familie und der Schüler*innen respektiert und die Menschenrechte achtet.
  • Schützt Kinder vor sexualisierter Gewalt, indem sie ihnen Informationen über ihre Gefühle, ihren Körper und ihre Rechte vermittelt.
  • Ist eine Massnahme im Bereich der öffentlichen Gesundheit der Kantone und des Bundes für die folgenden Präventionsaufträge: Prävention von HIV-AIDS, sexuell übertragbaren Infektionen und ungewollten Schwangerschaften, Gewalt und Diskriminierungen. [4]
  • Ist im «Plan d'études romand» (PER), im «Piano di studio» und im «Lehrplan 21» enthalten. [5]
  • Beteiligt sich an der digitalen und staatsbürgerlichen Bildung der Schüler*innen
  • Wird von Fachpersonen für sexuelle Gesundheit mit Fachtitel von SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ[6] (Ethik-Charta[7]) in Zusammenarbeit mit Eltern und Schulen durchgeführt.

Die Schüler*innen im Sexualkundeunterricht:

  • Erhalten wissenschaftliche Informationen zu Themen, die ihrem Alter und ihrer Entwicklungsstufe entsprechen, und zwar mithilfe geeigneter und durchdachter Lehrmittel.
  • Entwickeln soziale Kompetenzen in Bezug auf kritisches Denken, Kommunikation in Beziehungen und Konsens.
  • Können Fragen stellen und erhalten qualitativ hochwertige Antworten, die wissenschaftlich fundiert sind, ihre Werte respektieren und die Menschenrechte achten.
  • Erhalten Informationen über die ihrem Alter entsprechenden verfügbaren Ressourcen (z. B. Schulnetz, 147, ciao.ch ab 12 Jahren).
  • Befinden sich in einem wohlwollenden, vertrauensvollen und sicheren Rahmen.

Sexualaufklärung in der Schule:

  • Ist keine Ideologie und betreibt weder Bekehrung noch Aktivismus.
  • Zwingt die Kinder nicht zur Teilnahme am Unterricht
  • Verteilt die Broschüren «Hey You» und «Mein Sex und ich» nicht an alle Schüler*innen.
  • Ist kein praktischer Workshop zum Thema Sexualität
  • Stellt den Kindern keine direkten intimen Fragen (z. B. zu ihrem Geschlecht oder ihrer Sexualität).

Konklusion:

Die Petition «Gegen antiwissenschaftlichen Unterricht zur Sexualität an öffentlichen Schulen» und das Video mit der Aufforderung, die Petition zu unterzeichnen, vermitteln Eltern falsche Informationen. Als Konsequenz können sie das Recht der Schüler*innen auf Sexualaufklärung behindern.

Forderung:

Die Unterzeichnenden fordern das Elternkollektiv auf, ihre Petition «Gegen antiwissenschaftlichen Unterricht zur Sexualität an öffentlichen Schulen» und ihr Video, das zur Unterzeichnung der Petition einlädt, zurückzuziehen.

Weitere Informationen:

Die folgenden Organisationen schliessen sich dieser Stellungnahme an:


Quellen:

[1] Bundesrat, 2018, Prüfung der Grundlagen zur Sexualaufklärung, S. 7.

[2] Die Sexualerziehung basiert auf dem Recht auf Bildung und Information, das jedem in der Schweiz lebenden Kind zusteht, wie es im Übereinkommen über die Rechte des Kindes, Art. 28 und 29, verankert ist, und auf dem Recht auf Grundschulunterricht gemäss Art. 19 der Bundesverfassung.

[3] Bundesrat, 2018, Prüfung der Grundlagen zur Sexualaufklärung.

[4] BAG, NAPS, 2023, S. 20ff.

[5] Sexualaufklärung in der Schule.

[6] Sexuelle Gesundheit Schweiz, Fachtitel.

[7] Sexuelle Gesundheit Schweiz, Ethikkodex.

Stellungnahme (FR, PDF)